Freitag, 19. März 2010

Wenn die Haare nach dem Kalender geschnitten werden

In China ist es vor Chinese New Year neben dem Großputz auch üblich, sich noch kurz vor dem Fest die Haare schneiden zu lassen, weil das Glück bringen soll. Eben habe ich in der Zeitung noch einen anderen Grund gelesen, der auch mit dem hier sehr verbreiteten Aberglauben von Glück- und Unglücksbringern zusammenhängt:

Im neuen Jahr dürfen die Haare nicht vor dem zweiten Tag des zweiten Monats geschnitten werden, weil das Unglück bringt und dann der Onkel der Mutter stirbt! Schneidet man die Haare genau am zweiten Tag des zweiten Monats, bringt das Glück und man verbringt hoffentlich ein erfolgreiches Jahr!

Außerdem ist der zweite Tag des zweiten Monats der Tag, an dem der Drache seinen Kopf erhebt. Werden am gleichen Tag die Haare geschnitten, beginnt das Jahr ganz besonders gut.

Auf jeden Fall beschert der Aberglaube den Friseuren an diesem Tag ein volles Haus, im Gegensatz zum vorangehenden Monat können sie sich dann vor Kundschaft kaum retten. Nach so langer Zeit seit dem letzten Haarschnitt ist ein Friseur-Besuch meistens auch dringend nötig.

So, und wie war das doch gleich noch mit dem Onkel der Mutter? Darauf muß man erst mal kommen, und das war so:

Vor langer langer Zeit gab es irgendwo in China einmal einen sehr armen Friseur. Er liebte seinen Onkel (mütterlicherseits!) sehr, hatte aber kein Geld, seinem Onkel ein anständiges Geschenk zum neuen Jahr zu kaufen. Also machte er seinem Onkel einen neuen Haarschnitt zum Geschenk, der den Onkel viel jünger aussehen ließ, als dieser in Wirklichkeit war. Der Onkel war begeistert und sagte, das sei das beste Geschenk gewesen, das er jemals bekommen habe, und er wolle ab sofort jedes Jahr einen neuen Haarschnitt als Geschenk zum neuen Jahr.

Irgendwann war aber auch der Onkel alt und starb. Der Neffe war sehr traurig und vermißte seinen Onkel sehr. Jedes Jahr zum neuen Jahr trauerte er besonders um seinen Onkel und weinte viel.

In den Jahren, in denen diese Geschichte erzählt wurde, wurde irgendwann aus dem "Gedanken an den Onkel" am Anfang des neuen Jahres, der "Tod des Onkels" am Anfang des neuen Jahres, da beide Ausdrücke im Chinesischen fast gleich klingen, "sī jiù" und "sĭ jiù".

Der zweite Tag des zweiten Monats war letzten Mittwoch. Haare geschnitten haben wir nicht, nur gewaschen. Und wenn ich es so recht überlege, hat Männe im ersten Monat nach Chinese New Year einen neuen Haarschnitt verpaßt bekommen. Ich muß gestehen, ich weiß nicht, ob seine Mutter noch einen Onkel hat, glaube aber nicht. Zumindest habe ich nie Geschwister seiner Oma kennengelernt, also wenn es da mal einen Onkel gab, ist der vermutlich schon eine Weile tot. Bliebe nur noch die Frage zu klären, ob da vielleicht jemand zum falschen Zeitpunkt die Haare geschnitten hat!? ;-)


Montag, 15. März 2010

Wenn die Schwalben mit den Flügeln auf dem Boden schleifen und gibt es hier eigentlich Affen?

Gestern Abend zog hier eine so dichte Nebelsuppe auf, wie ich sie selbst in Deutschland nur selten erlebt habe. Die Nachbarhäuser waren nur deshalb zu sehen, weil in einigen Wohnungen Licht brannte. Die großen Türme waren ganz verschwunden. Dafür war es erstaunlich ruhig, der Nebel hat wirklich alles verschluckt.
 
Heute Morgen war der Nebel immer noch so dicht, vermutlich fuhr auch wieder keine einzige Fähre nach Hong Kong. Es war alles naß draußen, bei 21°C. Kein angenehmes Wetter, aber immerhin nicht kalt.
 
Heute habe ich Junior zur Schule gebracht, auf dem Rückweg - der Nebel war immer noch so dicht - sah ich eine Schwalbe Fliegen fangen, direkt über dem Boden. Wer sich noch an die fast mißglückte Airbus-Landung in Hamburg erinnert, als ein Flügel des Flugzeugs den Boden berührte, hat ungefähr das Bild vor Augen, wie die Schwalbe flog: sehr dicht am Boden und in den Kurven berührten die Federn fast den Boden. Natürlich ist eine Schwalbe viel kleiner als ein Airbus, aber das Bild sah fast genauso aus!
 
Und dann habe ich heute beim Verlassen der Schule ein neues Tier gehört. Den chinesischen Kuckuck hatten wir ja schon vor einiger Zeit, auch sonst gibt es dort sehr viele Vögel, aber das Tier heute war neu. Ich habe mich nach Borneo in den Urwald versetzt gefühlt, wo die Affen gerufen haben. Gibt es hier eigentlich Affen? Lemuren kann ich mir nicht vorstellen. Das Geräusch war ein uuuh-uuuh-uuuh-uuuuh, ich kann es nicht besser beschreiben, aber im Nachhinein erinnert es mich an einen Affen, der im Baum sitzt und seine Kumpels ruft. Leider war niemand da, den ich hätte fragen können. Vermutlich hätte ich da schon den Biologie-Lehrer suchen müssen. Und im Nebel im Wald nach einem Tier suchen, das sowieso fort ist, bis ich es gefunden habe, ist auch keine gute Idee.
 
Inzwischen ist der Nebel wieder aufgerissen und hier auf unser Wohngebiet scheint schon die Sonne, was die vielen Vögel hier sofort mit einem schönen Konzert begrüßt haben. Prompt ist auch die Temperatur wieder um einige Grad gestiegen, die Luftfeuchte kann ja nicht mehr weitersteigen, die dürfte so um die 95% liegen. Wenn nun noch die angekündigte nächste Kältewelle eher harmlos ausfällt, wird es hoffentlich wieder schön hier und wir können die Heizungen nach fünf Monaten Dauerlauf endlich wieder einpacken.